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Wie er so drauf ist?
Nun ja, lass es mich versuchen in Worte zu erklären.

Er ist gross. Er hat eine grau-schwarze Gestalt und riecht ein bisschen verdorben. Meistens schleicht er sich gerne an seine Auserwählten an. Hinterlistig von hinten. Langsam aber konstant. Keine bestimmende schwere Schritte – eher lautlos aber so, als ob er Nadeln an seinen Schuhsohlen hätte und sich diese bei jedem seiner Schritte in dich hineinbohren.

Manchmal fühlt es sich so an, wie wenn du genau weisst, dass du demnächst eingeholt wirst, aber es einfach so machtlos zulassen musst. Mögliche Gegenangriffe wehrt er ab oder er schlägt nach einiger Zeit stärker zu.
Ist er erst einmal da, schaust du in sein schelmisch grinsendes Gesicht. Seine Augen durchdringen dich mit eisernem Blick und lassen dich erstarren. Diese auffallenden Augen stellen einen starken Kontrast zu seiner Gesichtsfarbe dar. Die eiserne Härte seines Ausdrucks schiesst durch deinen Körper – von Fuss bis Kopf. Und da macht sie halt. Beständig.

Er spricht kein Wort zu dir. Er ignoriert deine Reaktion, ignoriert deine Fragen. Er ignoriert – was auch immer du tust. Und er macht den Eindruck, genau zu wissen, dass er am längeren Hebel ist. Das lässt ihn eine bestimmte Macht ausstrahlen. Diese kann dir Angst machen. Angst vor allem dann, wenn du nicht weisst, mit wie starken Mitteln er diese Macht heute wieder ausübt.
Er begleitet dich. Nicht diese Form von Begleiter, wie wir es gerne zum Abschlussball hätten. Er klingelt nicht höflich an der Tür und wartet auf deine Bitte. Nein, er nimmt sich die Selbstverständlichkeit, dann aufzukreuzen, wenn es ihm passt. Anstelle einer Rose, bringt er dir Stacheldraht mit. Und es ist keine Krone, die dir als «die Ballkönigin» aufgesetzt werden würde. Stattdessen hämmert er dir den Stacheldraht auf den Kopf. Ständig. Immer und immer wieder von Neuem. Er will sichergehen, dass dieser hält.

Dieser eindringliche, meist stechende Schmerz ist besonders an den Schläfen deutlich zu spüren. Sie sind mittlerweile übersät von Narben und lassen Berührungen nur ungern zu.
Fällt der Draht einmal ab, verschwindet auch die Gestalt. Im ersten Atemzug eine Erleichterung. Doch du weisst dann auch: Er verschwindet meist nur für kurze Zeit. Nur für diese Stunden, in denen er sich einen neuen Stacheldraht besorgen muss.

Im Artikel «Das Gesicht des Schmerzes» habe ich dir ein weiteres Tool an die Hand gegeben, um deinem Brummschädel ein Gesicht zu verpassen. Wieso das sinnvoll ist und wie du das gut umsetzen kannst, liest du ebenfalls darin.
Seit ich diesen Artikel geschrieben habe, experimentierte ich selbst herum und liess schlussendlich oben beschriebene Gestalt entstehen. Nun weiss ich noch besser, mit wem oder mit was ich in den Ring steige.

Wer weiss, vielleicht finde ich auf meinem Lebensweg irgendwann die passende Schere, mit der ich den Stacheldraht zerschneiden kann.

Perform now, change forever!

larissa

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